Eat this - oder: Bitte einmal pusten



"Essen ist fertig!" Ich stelle die beiden Teller mit Chili con Carne auf den Holztisch im Wohnzimmer an dem mein Gatte bereits sitzt und sich von der mittlerweile vierten Folge „Family Guy“ am heutigen Tage berieseln lässt. Während ich mich setze und gemächlich das Besteck in die Hand nehme, wedelt sich mein Mann schon Luft in den Mund und versucht den heißen Happen durch invertiertes Pusten abzukühlen. 


"Na, ist wohl zu heiß?",


frage ich spöttisch und wundere mich darüber, wie er immer und immer wieder diesen gleichen Fehler machen kann. Ich löffle ein bisschen Chili vom Tellerrand, puste es drei bis fünf Mal an und schiebe mir das nun wohltemperierte Essen in den Mund. Während ich diesen Turnus wiederhole, wird rechts neben mir schon wieder gespachtelt. Entweder ist sein Essen wie von Zauberhand abgekühlt oder er hat sich an den Schmerz gewöhnt. Es sind vielleicht die Urinstinkte, die ihn dazu drängen, seine Beute so schnell wie nur irgend möglich zu verschlingen, bevor sie ihm doch noch entwischt oder von seinem Nebenbuhler entrissen wird. Ehe ich mich versehe ist sein Teller leer und er in der Küche für einen Nachschlag verschwunden. Meinen Teller könnte man zu diesem Zeitpunkt – gesetzt dem Fall, wir wären in einem Restaurant - ein zweites Mal servieren, ohne dass sich jemand über eine zu kleine Portion beschweren würde. 

"Nein, wir nehmen keinen Nachtisch mehr."



Leute, die mich gut kennen, wissen, dass ich ein sehr langsamer Esser bin. Ich kann gar nicht erklären, wieso das so ist. Selbst wenn ich während des Dinners nicht viel zu erzählen habe, nehme ich meinen letzten Bissen, wenn alle anderen schon langsam das Portemonnaie zücken. Vor einigen Jahren bemerkten sogar zwei Frauen am Nebentisch im Restaurant, dass mein Gegenüber bereits vor einer gefühlten (oder wahrscheinlich sogar tatsächlichen) Viertelstunde sein Besteck aus der Hand gelegt hat und begannen belustigt über mich zu tuscheln. Ich glaube, ich befand mich zu dieser Zeit tatsächlich in der Hochphase meiner Langsam-Ess-Karriere. Ich weiß gar nicht, auf welcher Stufe der Essgeschwindigkeit ich zur Zeit stehe. Heute esse ich oft alleine, also ohne Competition, oder eben in Gesellschaft eines unschlagbaren Schauflers gegen den Jeder alt aussehen würde.

"Und der Knoblauch kommt da jetzt einfach so rein?"



Der zweite Teller des Schauflers ist schon fast wieder geleert, da helfe auch ich dem letzten Bisschen Carne auf den Löffel. Naja, wenigstens scheint es ihm zu schmecken. Auch wenn das Chili con Carne heute nicht das beste Beispiel ist, so hat mein Gemahl seinen Speisenhorizont durch meine durchschnittliche Kochkunst um einige Kilometer erweitern können. Jemanden, dessen Mahlzeiten aus Nudeln mit Ketchup oder einem Besuch bei Burger King bestanden, kann man herrlich leicht beeindrucken. Zum Beispiel mit exotische Dingen wie Avocados, Büffelmozzarella, Auberginen oder Khakifrüchten. Er ist bis heute noch überrascht, wie viele Gerichte man mit der Zugabe von Knoblauch verfeinern kann. Ehrlich gesagt, wusste auch ich bis vor kurzem nicht, wie Auberginen von innen aussehen. Zugegebenermaßen habe ich mir vorher auch nicht sonderlich viele Gedanken über das Innere einer Aubergine gemacht, war aber dennoch relativ überrascht, dass sie keinen harten oder ungenießbaren Kern hat und man sie nahezu komplett in eine Gemüsepfanne schnibbeln kann. 

Ich lernte die Aubergine und ihre überraschenden inneren Werte in der Gemüseabteilung kennen, in der ich mich nach meiner Ernährungsumstellung vor gut einem Jahr etwas länger umzuschauen begann. Seitdem ich abends die damals auch von mir sehr sympathisierten Nudeln mit etwas Kohlenhydratarmen zu ersetzen versuche, werden in unserer Küche immer Öfter Zucchini in Spaghettiform gebracht, Blumenkohle gekocht und viele Gemüsepfannen zusammengeschnibbelt. An alles kann man übrigens hervorragend Knoblauch hinzugeben. Und auf alles sollte man vor dem Essen draufpusten.



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Say Yes To The Dress - oder: doch lieber zur Katze im Sack



Als Kind wickelte ich mich gern in die bodenlangen Gardinen vom Wohnzimmerfenster und schritt bedächtig mit dem Vorhang auf dem Kopf zum imaginären Altar bis der Schleier weg und meine Haare elektrisch aufgeladen waren. Im November letzten Jahres wollte ich aus dem Vorhang ein echtes Kleid machen und begab mich in einen Laden für Brautmoden. Neun Monate vor der Hochzeit - ich weiß, ein furchtbar knappes Zeitfenster, das sollte ich noch ein paar Mal zu hören bekommen.

(Diese hanebüchenen Lieferzeiten von 6 Monaten, der Reservierungsvorlauf von Locations von circa 2 Jahren und der ach so schnell wechselnde Goldpreis als Druckmittel sich gefälligst schnell und überstürzt für das Kleid, das Restaurant und die Ringe entscheiden zu müssen, sind wahrscheinlich einen ganz eigenen Blogpost wert)

Nicht ohne einen Termin zu vereinbaren, betraten wir an diesem kalten Freitagvormittag ein Brautmodengeschäft in Berlin-Tegel. Begleitet wurde ich von meiner Schwester, einer gewissen Vorfreude, aber auch von einer Prise Vorwissen, dass ich heute kein Kleid für mich finden würde. Zumindest keines, was sich mit meinem Gewissen vereinbaren ließe. Mit einem Gläschen Sekt in der Hand durchforstete ich das Dickicht aus weißem Tüll und Spitze und pflückte mir fünf Kleider von der Stange, bei denen mir Rückenausschnitt, Träger, Spitzenbesatz, Rockteil oder Material gefielen - jeweils.

Ich stecke fest

 

In einem kleinen Separee reichte man mir einen Reifrock, der als Basis für all meine auserwählten Kleider dienen sollte. Als erstes nahm meine persönliche Anziehhilfe meinen Favoriten vom Bügel und hielt ihn mir zum Eintauchen hin. Ich machte einen Kopfsprung in diesen Kindheitstraum aus Tüll und verwandelte mich - wie von Zauberhand - in eine Prinzessin. Schon erstaunlich was so ein Kleid aus meinem winterblassen Leib machen konnte. Ein Schleier tat sein Übriges und ich hatte meinen kleinen, brautigen Oho-Effekt. Ich betrachtete mich eine Weile im Spiegel. Im Film stehen die werdenden Bräute immer auf einem mit weißem Teppich ummantelten Podest, drehen und bestaunen sich von allen Seiten. Mein Podest war ein rosa Tritthöckerchen mit Disney-Prinzessinnen-Aufdruck, auf das man kleine Mädchen stellt, damit sie beim Zähneputzen besser ans Waschbecken reichen. Das Plastik-Höckerchen und die schwere Last aus circa 16 Lagen Stoff, die mittlerweile an mir zogen, holten mich zurück auf den Boden der Tatsachen. Die Frage nach dem Preis ohrfeigte mich gänzlich zurück in die Realität. 1100 Euro sollte die Robe kosten - mindestens die Hälfte davon ging auf den strassbesetzten Gürtel zurück, den ich in meiner gedanklichen Umänderung bereits mit einem schlichten, grauen Band ersetzt hatte. Noch dazu hielt das Kleid dem Realitätscheck Nummer 2 nicht Stand, hätte es doch, um bei der Trauung am Strand von Malibu dabei sein zu können, im Flugzeug seinen eigenen Sitzplatz benötigt. Und auch das Tanzen oder gar das bloße Herumlaufen bei der später folgenden Feier in Deutschland, wäre nach einigen Stunden ein echtes Workout geworden. Nicht auszumalen, wie man in dem Ding aufs Klo gehen sollte. Nachdem meine Schwester noch ein paar Abschiedsfotos gemacht hatte, entstieg ich dem Wattebausch und verabschiedete mich von diesem Traum in Weiß. 

Die Brautkleid-Beraterin hatte währenddessen bereits das nächste Modell zum Anziehen entschnürt und ich bereitete meinen zweiten Tauchgang vor. Leider hatte sie den Entknotungsgrad verschätzt und ich blieb auf halber Strecke mit den Armen in der Luft im Kleid stecken. Die Beraterin tat ihr Bestes, mich schnellstmöglich aus meiner misslichen Lage zu befreien und schnürte sich die Finger wund. Ein Malheur, was an diesem Tag noch einmal geschehen sollte und kichernd fotografisch festgehalten wurde. Trotz aller Bemühungen und Widrigkeiten kamen die nachfolgenden Modelle nicht an das erste heran. Und selbst dieses war zwar ein wunderschönes Kleid für eine Prinzessinen-Mottoparty, aber ganz nüchtern betrachtet nichts für meine Hochzeit. Nichtsdestotrotz war am Ende dieses circa einstündigen Besuchs mein Handyakku leer fotografiert und mein Kleinmädchen-Wunschtraum, einmal ein Sahnebaiser zu sein, vorerst gestillt.
Sahnebaiser vs. Reality

Was soll ich bloß anziehen? 

 

So lange ich denken kann, wollte ich bei meiner Hochzeit etwas so Bauschiges tragen, dass ich mich bedenkenlos hätte auf den Hintern fallen lassen können, ohne mir dabei das Steißbein zu prellen. Jetzt, wo das Ganze aber langsam real wurde, ließ ich diese Seifenblase selbst zerplatzen und verbrachte die folgenden Wochen damit, eine neue Vision von dem zusammen zu pinnen, was ich am Tag der Tage tragen wollte. Ein Kleid schaffte es immer wieder aufs Neue meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Immer wieder besuchte ich es auf seiner Website, traute mich aber nicht, es zu mir nach Hause einzuladen. Es war mittlerweile März und meine Lust nochmal ein Brautmodengeschäft zu betreten gleich null. Laut Aussage aller Hochzeitsmessen-Aussteller war es jetzt auch schon viel zu spät überhaupt noch an die pünktliche Anschaffung eines Kleides in diesem Sommer zu denken. 

Aus einem optimistischen Impuls heraus beschloss ich, das Risiko einzugehen und die Katze im Sack zu bestellen. Ich orderte zu diesem Bandeau-Brautkleid zusätzliche Träger und einen seitlichen Schlitz. Nach circa 4 Wochen zeigte die Sendungsverfolgung, dass das Kleid seine chinesische Heimat verlassen hatte und ich begann wie besessen das Paket stündlich zu tracken. Endlich bekam ich die Mitteilung, dass das Paket zugestellt wurde - leider bei meinem Nachbarn, der dummerweise nicht zu Hause war - sodass ich noch eine weitere Nacht warten musste, um zu erfahren, ob ich absoluten Müll oder vielleicht doch mein Hochzeitskleid bestellt hatte. 

Nach anfänglichen Startschwierigkeiten (Reißverschluss am Rücken alleine zu zu machen), der Erkenntnis, dass das Kleid ohne Träger doch viel besser aussieht und der Feststellung, dass da seitlich kein Schlitz gemacht wurde, freundeten das Kleid und ich uns an und sahen uns von nun an häufiger. Meinem Plan, für die Hochzeit ein paar Pfunde purzeln zu lassen, wurde mittendrin jäh ein Ende gesetzt, als ich bei einer wiederholten Anprobe bemerkte, dass das Kleid obenrum recht locker saß, insbesondere, da ich die Träger wieder entfernen lassen hatte. Beim Einatmen, also mit geschwelltem Brustkorb, saß es jedoch perfekt. Nachdem ich einige Tage hin und her gegrübelt, verschiedenen Änderungsschneidereien konsultiert und auch schon mit dem Gedanken gespielt hatte, das Kleid nochmal neu, nur in kleiner, zu bestellen, kam ich letztendlich doch zu dem Schluss, dass die einfachste und günstigste Lösung, die richtige Atemtechnik war. Ich war mittlerweile wirklich sehr genügsam geworden. Im Nachhinein ärgere ich mich höchstens darüber, dass ich die Technik nicht durchgängig angewandt habe und sich das Kleid auf manchen Fotos obenrum recht atmungsaktiv zeigt.
 Aber mit einem Kleid, was nicht das Doppelte, sondern vielleicht gerade mal ein Drittel meiner Monatsmiete kostete, war es dann gar nicht so schlimm, dass es bei der Trauung dank einer Welle nass wurde und ich zunächst unfreiwillig und später "Ach-scheiß-drauf"-freiwillig bis zum Knie im Wasser stand. Letztendlich war mir nicht mehr wichtig wie ich heiratete, sondern wen. Und für die Feier im nächsten Jahr stöbere ich liebend gern nochmal im Internet.

Foto: Armen Sarvar

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Dirty Thirty - oder: Wo ist nur die Zeit geblieben?


Ich sitze allein auf dem Bett im dunklen Schlafzimmer. Mein Radiowecker auf dem Nachttisch zeigt kurz nach Mitternacht. Vielleicht geht die Uhr nicht ganz richtig oder da draußen läuft irgendwas nicht nach Plan. Ich lege mich hin, starre an die Decke und frage mich, ob ich bereit für das bin, was gleich passieren wird. Ehe ich mir antworten kann, öffnet sich die Tür. Eine Hand hilft mir hoch und hält mir die Augen zu. Obwohl ich meine Wohnung sehr gut kenne und ich geführt werde, suchen meine Hände Wände zum Festhalten und Langhangeln. Nach wenigen unbeholfenen Schritten bin ich im Wohnzimmer angekommen und darf jetzt auch wieder gucken. Viele kleine Kerzen stecken in einem Kuchen aus doppelter Schokolade, strahlen mich an und wollen ausgepustet werden, bevor sie ihr Fundament besudeln. Ehe ich mir was wünschen kann, singt mein Mann noch sein Ständchen zu Ende und wünscht ihn mir dann: Einen schönen 30. Geburtstag! 

Dreißig.


Eigentlich ist es doch ein ganz normaler Geburtstag, wie jeder andere auch. Außer, dass man bei diesem Geburtstag besonders oft an das erreichte Alter erinnert wird, sei es durch extra große und besonders hübsch verzierte Dreien und Nullen auf den Glückwunschkarten oder auch in Form einer Brille in Dreißigform, die einem auf der Party aufgesetzt wird. Damit wurde es mir besonders leicht gemacht, die Welt durch die Augen einer Dreißigjährigen zu sehen und die gänzlich gegensätzliche Zeit der Zwanziger hinter mir zu lassen. 

Ich bin jetzt in dem Alter - ob ich mir das gerade selbst so definiere oder andere Thirtysomethings das genauso sehen, sei mal dahingestellt - jedenfalls bin ich für meinen Teil in einem Alter, in dem ich immer noch jugendlich verrückt eine Schüssel Nesquik-Cornflakes zum Mittag essen kann, während ich mir ächzend von einer Massagematte die verspannten Schultern durchkneten lasse und parallel halbwegs professionell meiner Arbeit am Computer nachgehe. Ich stecke im Jahrzehnt zwischen den zwanglosen Zwanzigern und den verantwortungsvollen Vierzigern, um es mal schwiegermuttergesucht-esque auszudrücken. Eine Dekade, die mir gefallen könnte. The best of both worlds. In zehn Jahren mag ich darüber anders denken und beginne womöglich von den frivolen Fünfzigern zu philosophieren. 

"Wo ist nur die Zeit geblieben?" 


...könnte man jetzt rhetorisch fragen, dazu lächelnd nicken und den Blick in die Ferne schweifen lassen. Klar war der Abiball gefühlt irgendwie gerade erst, aber irgendwie bin ich in der Zwischenzeit auch vier Mal umgezogen, habe ein Studium abgeschlossen, hatte mehrere Arbeitgeber, habe sogar kurzzeitig in den USA gelebt, dort einen Mann kennengelernt und den auch gleich weggeheiratet. Ich habe Heerscharen neuer Menschen kennengelernt, zahllose Gespräche geführt, massenhaft Erfahrungen gemacht und aus etlichen Fehlern gelernt. Eigentlich erstaunlich, dass ich das alles so schnell geschafft habe.

Aber manche Dinge brauchen halt seine Zeit. Zeit im Kopf zu einer guten Idee heranzureifen. Zeit diese Idee dann umzusetzen und zu merken, dass es eine gute war. Dass ich heute gern Rotwein trinke, hat um und bei 29 Jahre und eine Reise nach Frankreich gedauert. Meinem 20-jährigen Ich den Tipp zu geben, doch schon früher mal einen Old Amsterdam mit Feigensenf zu kombinieren, um ihn dann auf der Zunge zergehen zu lassen und diese Köstlichkeit mit einem kräftigen Montepulciano d'Abruzzo abzurunden, wäre bei diesem alkoholabstinenten Starrkopf, der ich war, auf taube Ohren gestoßen. Von einem anderen Brillenmodell hätte ich mich da wahrscheinlich eher überzeugen können. (Rahmenlose Brillen sind immer noch Brillen und nicht unsichtbar.)

Was mir grob wichtig war, wusste ich jedoch auch damals schon. Ganz bescheiden und frei von Superlativen antwortete ich im Abibuch auf die Frage, wie mein Leben in 10 Jahren aussieht: "Ich lebe mit meiner kleinen Familie in einer schönen Wohnung und habe eine gute Arbeit, die mir Spaß macht." Mal abgesehen davon das mein 20-jähriges Ich da eine ganz andere Familie vor Augen hatte, die Wohnung höchstwahrscheinlich sogar in einer anderen Stadt angesiedelt hätte und beim Job nicht mal im Entferntesten meinen heutigen hätte erraten können, habe ich mit dieser vagen Umschreibung meines Wunsches dennoch ins Schwarze getroffen.

Wenn ich mir all das vor Augen führe, bin ich ganz froh, dass ich endlich 30 bin und damit das, was die Zeit bis hier hin aus mir gemacht hat.





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Everything Changes - oder: Vom Sonnenstich zur Mittelohrentzündung





Ja ich weiß, übers Wetter redet man nur, wenn man gerade nichts anderes zu sagen hat...das lass ich einfach mal so stehen. Aber ihr müsst doch zugeben, dass das Wetter da draußen zur Zeit der perfekte Conversation-Starter ist. Vor etwa einer Woche habe ich mich nachts noch hin und her gewälzt, weil mir die Hitze keinen angenehmen Schlaf erlaubte, letzte Nacht habe ich kurz überlegt, ob ich schon die Biberbettwäsche draufziehen kann.  

Es ist ja nicht so, dass ich einen endlosen Sommer bevorzugen würde. Jahreszeiten sind schon was Gutes. Nur der rasante Übergang von Sonnenstich zu Mittelohrentzündung ist für die Gattung Mensch scheinbar nicht ohne Grummeln machbar. Wäre es nicht traumhaft, wenn nicht nur die Blätter von den Bäumen, sondern auch die Temperaturen nach und nach abfallen würden, sodass man sich langsam dran gewöhnen und immer die passende Kleidung anziehen könnte?

Aber allein während ich gerade die Wäsche auf dem Balkon aufhängte, zeigte mir das Wetter das ganze Repertoire seiner Wandelbarkeit. Erst sonnig-schön, dann frostig-frisch (der Trick mit der Wolke vor der Sonne) und dann zog es noch das Ass: „dunkle Wolkenwand mit höchster Regenwahrscheinlichkeit“ aus dem Ärmel. Letzteres wird meiner Wäsche gar nicht gefallen, weshalb der Wäscheständer bald wieder für die nächsten 8 Monate als Mobiliar in unser Wohnzimmer einziehen wird.
   

Was zieh ich bloß an?


Das größte Problem an der „Übergangszeit“ ist ja die Kleidung. Alle halbe Jahre wieder sind wir entweder zu warm angezogen, wenn es schon zu heiß ist, oder zu dünn angezogen, wenn es schon zu kalt ist. Aber wir schieben die Schuld nicht auf uns, sondern aufs Wetter. Dabei freue ich mich schon auf den Herbst. Das Wetter ist meinem Kleiderschrank gerade einfach nur um ein paar Wochen voraus. Aufgrund akuten Platzmangels sind meine Wintersachen zurzeit ganz oben und unerreichbar im Kleiderschrank verstaut. Und die Umsortierung ist aktuell noch nicht geplant. Bisher genügte es schon, einige sommerliche Gewohnheiten abzulegen und eine Neujustierung an die aktuellen Temperaturen vorzunehmen. Meine FlipFlop-Hausschuhe hatten das wohl im Gefühl. Gerade als es mir langsam zu frisch um die Füßen wurde, lösten sie sich suizidal in ihre Einzelteile auf und gaben den Staffelstab an die Hausschuh-Stiefel ab. 

Vorgestern habe ich das erste Mal seit Monaten wieder Socken getragen. Ich wusste auch gar nicht mehr, wie sich behoste Beine anfühlen. Die Zeiten, in denen frau sich schnell ein Kleid überzieht und fertig angezogen ist, sind vorerst leider wieder vorbei. Ab jetzt trägt man wieder den Lagen-Look. Und mit jeder Lage, verlängert sich die Zeit, die man vor dem Kleiderschrank steht.

Wir können uns einfach noch nicht ganz vom Sommer verabschieden. Zu schön war die Zeit. Obwohl ich mich an viele ächzende Stimmen erinnere, die die Hitze nicht mehr aushielten und sich kaum zu bewegen wagten oder konnten, weil sie an Stühlen und Tischen festklebten. 

Scheinbar kann man es uns einfach nicht recht machen. Die äußeren Umstände lassen sich nicht ändern, so sehr wir uns auch darüber ärgern mögen. Wir können grummeln oder sie annehmen. Wir können abwarten oder uns anpassen. Perfekt wird es nie sein. Moment, wir reden schon noch übers Wetter, oder?


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